„Sag mir, wo die Blumen sind“, diese Zeilen klingen noch nach, als der Kantor seinen Platz an der Orgelbank verließ. Er spielte eine Meditation zu diesem Lied, das ich selbst in den 80ern auf der Gitarre lernte, und wir es in meinem Jugendkreis sangen.

Um 12 Uhr trafen wir uns heute mit einem Ehepaar meiner Gemeinde zur Mittagsmusik in St. Katharinen in Brandenburg a. d. Havel. Tokatha, unter dieser Bezeichnung lädt die Kirche zu besonderem Klangerleben ein, und wir hatten heute die Gelegenheit es mitzuerleben. Es war der Doppelpunkt zu einem Nachmittag voller Eindrücke, Herzlichkeit und Inspiration. 

Gut 30 Minuten tauchten wir ein in Orgelklänge älterer und neuerer Komponisten, vertraute wie unbekannte Stücke. Die Freude des Kantors war zu spüren, und die Schönheit der Kirche tat der Seele gut. Die Farben und Klänge waren wohltuend. Nachdem unser kundiger Begleiter uns anschließend neben dem Altar auf so manches Detail der gotischen Kirche aufmerksam machte, luden uns unsere Gastgeber ein den Turm zu besteigen. Und nein, es war nicht nur ein Aufstieg für einen schnellen Rundumblick, kein Touristenmarathon, sondern ein Einkehren und Innehalten.

Als uns kundgetan wurde, dass wir 198 Stufen bis zur Aussichtsplattform gehen würden, Stufen, die ganz unterschiedlich beschaffen waren, um den Turm zu besteigen, war uns weder bewusst, welche spannenden Geschichten wir auf dem Weg erfahren konnten, noch, dass unser einladendes Ehepaar Köstlichkeiten für ein Picknick im Gepäck hatte, dass uns oben serviert werden sollte. Während der Mann uns auf der Plattform Brandenburgs Geschichte, Natur und Architektur nahebrachte, wurde von der Frau der Tisch liebevoll gedeckt mit veganen Köstlichkeiten. Selbst Blumen, Servietten und Gläser fehlten nicht. Ja, mit Stil auch hier Farbe und Geschmack aufeinander abgestimmt. Und an einem Tag wie diesem, mit Hitzewelle im Land, waren die kühlen Gemächer der Kirche ein optimaler Ort für ein Picknick!

Nachdem wir unser „Turmdiplom“ überreicht bekamen, ließen wir es uns schmecken, plauderten, hörten die Glocken schlagen und schauten uns dann weiter in alle vier Himmelsrichtungen um. Die Zeit verging wie im Flug, auch wenn wir direkt unter der Kirchturmuhr weilten, dachten wir nicht daran die Zeit in den Blick zu nehmen. Wir hatten keine Eile. Ein Nachmittag der besonderen Art, der Lebenskunst und Schönheit des einfachen Seins.

Glockenturm St. KatharinenWir stiegen die Stufen herab, lernten noch einiges beim Gang durch die Stadt, und verweilten unter der Linde, mit Blick aufs Wasser, vertieft in Gespräche, die mich am Ende berührten, weil sie offen und inspirierend waren, zum Nachdenken und Schreiben anregten. Scheinbar nichts Aufregendes oder Spektakuläres, doch in allem ein Reichtum, der besonders ist. Ein Nachmittag voller Erinnerungen, die sich ins Herz geschlichen haben. Ganz ungeplant – zumindest von uns.

Wie schön kann Leben und Erleben sein!

 

 

 

 

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