Ganz unvermittelt umarmt mich meine Liebste und gratuliert mir. Ich bin verwirrt – habe ich meinen Geburtstag vergessen? Nein ... ich habe Namenstag!

PerikopenbuchJawohl, heute ist Namenstag des Apostel Andreas, nach dem ich tatsächlich benannt bin. Nun weiß ich nicht wirklich, welche Bedeutung ein Namenstag hat – den habe ich nämlich noch nie gefeiert. Also legt mir meine Frau als eine Art Nachhilfe das Perikopenbuch auf den Tisch und entschwindet zu einem wichtigen Termin.

Das Perikopenbuch – graues Leinen, ein grünes, ein lila und ein rotes Bändchen, um Stellen schneller wiederzufinden.  Das lila Bändchen liegt in der aufgeschlagenen Seite: 

30. NOVEMBER –
TAG DES APOSTELS ANDREAS

So lese ich rot gedruckt in Großbuchstaben.  Was folgt ist der Spruch des Tages, dann ein Psalm, die Lesung aus dem Alten Testament, dazu die Epistel, zwei Liedvorschläge und schließlich ein Halleluja aus den Psalmen. Ganze drei Seiten sind dem Apostel (oder auch mir – je nach Lesart) gewidmet. Allerhand. Eine persönliche Andacht, die (abgesehen von den Liedvorschlägen) nur aus Bibeltexten besteht.

Ich fange mal mit dem Spruch des Tages an:

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König! (Jesaja 52,7)

Ja, das will ich sein, Freudenbote, Friedensstifter, auf Gutes bedacht und einer der Heil verkündigt.. Das ist meine Berufung – dem Unheil des illusionären Realismus dieser Welt die göttliche, reale Utopie des Evangeliums entgegen zu setzen. Der Name Andreas wurde mir in Anlehnung an den Text „Und er führte ihn [Petrus] zu Jesus.“ (Joh. 1,42) gegeben, lange bevor ich mir selbst meiner Berufung gewiss wurde.

Aber die Perikopentexte enthielten noch so viel mehr. Aus dem Psalm nur der eine Vers, der mich heute besonders berührt hat: „Der richtet auf, die niedergeschlagen sind.“ (Psalm 146,8).

Aus dem AT Text nur so viel: „Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir“ (5. Mose 30,14) … der Autor beschreibt, dass wir weder hoch in den Himmel, noch ans äußerste Meer müssen. Das Wort (und natürlich höre ich es gemäß Dietrich Bonhoeffer ganz christologisch) ganz nah! Allerdings ist das nicht Wohlfühlevangelium, sondern Aufforderung. Der Satz geht weiter: „in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.“

Und auch der Text aus den Episteln – Römer 10 – ist eine einzige Einladung des Paulus zu predigen. Dabei zitiert Paulus sogar den „Spruch des Tages“ (als hätte er das Perikopenbuch gelesen)!

Warum mich das berührt? Hinter mir liegt eine Woche mit Absagen zur Veröffentlichung meiner mir sehr wichtigen Predigtreihe zur Barmer Theologischen Erklärung. Und nun lese ich all das im Perikopenbuch

 

 

 

Wer es in Fraktur und mit viel Drumherum im Internet lesen mag, findet es hier.